Bayerischer Werkstättentag 2019: Standardisierung der Beruflichen Bildung in der Werkstatt – Pflicht oder Kür?
Pressemitteilung vom 15.05.2019
Am 15. Mai 2019 diskutierten in Dillingen an der Donau rund 170 Einrichtungsleiter*innen und Fachkräfte aus Werkstätten für behinderte Menschen aus ganz Bayern über die Ansprüche und Wirklichkeit der Beruflichen Bildung für Werkstattbeschäftigte.
Hans Horn, Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstätten für behinderte Menschen eröffnete den Bayerischen Werkstättentag 2019 in Dillingen an der Donau. Er betonte, dass wir mit der Bildung den Grundstein für die berufliche Zukunft legen. Ihm ist es wichtig, dass das lebenslange Lernen als Grundlage für beruflichen Erfolg auch in den Werkstätten umgesetzt wird. Oberbürgermeister Frank Kunz lobte in seinem Grußwort den regionalen Wertschöpfungsbeitrag der Werkstätten der Lebenshilfe und Regens-Wagner-Stiftung Dillingen; damit werde die örtliche Wirtschaft gestärkt. Bezirkstagsvizepräsidentin Barbara Holzmann begrüßte die Eigeninitiativen der Werkstätten im Hinblick auf die Standardisierung der Beruflichen Bildung und das Entwickeln neuer Konzepte, wie z.B. um Helfer/innen für die Altenpflege auszubilden.
Es gibt viele gute Vorlagen und Konzepte, wie Bildung für Menschen mit Behinderungen gut organisiert werden kann, ist Wolfgang Beuchel, Bezirksarbeitskreissprecher der Werkstätten in Schwaben überzeugt. Elisabeth Kienel und Bianca Hanselmann, die als Vorsitzende der LAG Werkstatträte Bayern über 40.000 Werkstattbeschäftigte vertreten, fordern ein vielfältiges Angebot an Ausbildungsberufen in Werkstätten und mehr Flexibilität, um von einer zu einer anderen Werkstatt wechseln zu können. Dazu sollten alle möglichen Hilfestellungen gegeben werden.
Dr. Jochen Walter, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der BAG WfbM und Vorstand der Stiftung Pfennigparade mahnt: „Eine ‚in sich ruhende‘ und nicht in die Vernetzung mit der Außenwelt eingebettete, intransparente oder grundsätzlich an der Inklusion uninteressierte berufliche Bildung ist weder strukturell noch prozessual vorstellbar. Wir müssen die persönliche und berufliche Weiterentwicklung der Beschäftigten mit modernen Konzepten fördern“. Dieter Körber, Geschäftsführer der Mainfränkischen Werkstätten in Würzburg hat die harmonisierten Bildungsrahmenpläne der BAG WfbM praxisorientiert an den Bedarf in seinen Werkstätten angepasst; er bestätigt: „Die Anschlussfähigkeit an die Berufsausbildung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sollte unser oberstes Ziel sein.“
Christian Munz und Stefan Heigl von der IHK Schwaben versichern: “Jeder Mensch hat Stärken, die es zu entdecken gibt. Ideal wäre es, wenn man auf dieser Basis nach dem passenden Berufsbild sucht“. Katja Schweinberger und Evelyn Reffler von den Unterallgäuer Werkstätten in Memmingen bilden nach dem Motto aus „Sagst du es mir, so vergesse ich es, zeigst du es mir, so merke ich es mir, lässt du mich teilnehmen, so verstehe ich es!“
„Wir von Regens-Wagner schöpfen aus der Erfahrung von 172 Jahren Begleitung, Bildung und Arbeitsangeboten für Menschen mit den unterschiedlichsten Unterstützungsbedarfen“, so Uwe Runnwerth, der Leiter der Regens-Wagner-Werkstätten Dillingen. Insgesamt 238 Erwachsene in Werkstätten und Förderstätte können nach ihrem jeweiligen Entwicklungsstand aus einem vielfältigen Angebot unterschiedlicher Tätigkeitsbereiche wählen, z.B. in der Druckerei oder in der Insektenhotel-Manufaktur, in der jedes Detail liebevoll per Hand selbst hergestellt wird. Dadurch werden spielend handwerkliche Fertigkeiten geschult. Die Werkstatt bietet auch ausgelagerte Arbeitsplätze an und kooperiert dazu mit mehreren Unternehmen im Dillinger Raum. Darüber hinaus kommt der gesellschaftliche Austausch durch gemeinsame Veranstaltungen, Projekte und Bildungsmaßnahmen nicht zu kurz. Die Chili Kunst- und Kulturkneipe ist ein beliebter Treffpunkt in Dillingen. So wird Inklusion im Alltag gelebt.
Die Nordschwäbischen Werkstätten GmbH der Lebenshilfe Dillingen bieten seit 1973 verschiedenste Betätigungsfelder für Menschen mit unterschiedlichsten Beeinträchtigungen an. Dominik Kratzer, Geschäftsführer: „Aktuell werden an den beiden Standorten in Dillingen-Hausen und Wertingen rund 430 Menschen mit intellektuellen und/oder körperlichen Einschränkungen bzw. psychischen Erkrankungen beschäftigt.“ Gemäß dem Motto „Menschen brauchen Chancen!“ widmen sich rund 130 Angestellte tagtäglich der Aufgabe, ein vielfältiges, abwechslungsreiches aber auch forderndes Arbeitsangebot anzubieten und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass die Werkstätten auch Orte der Begegnung und Rehabilitation sind. Zusammen mit der Lebenshilfe Donau-Ries betreibt die Lebenshilfe Dillingen die Inklusionsfirma Roko GmbH, die wiederum zwei CAP-Lebensmittelmärkte – CAP steht für Handicap – und die Cafesitobar betreibt. Damit bieten sie Werkstattbeschäftigten die Möglichkeit, in ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis zu wechseln.
Die LAG WfbM Bayern vertritt 85 Träger von Werkstätten für behinderte Menschen mit teilweise mehreren Haupt- und Zweigwerkstätten. Die Mitgliedswerkstätten bieten für mehr als 40.000 Menschen mit geistiger, körperlicher, psychischer oder Sinnes-Behinderung Bildung, Arbeit sowie Förderstättenplätze.
Donau-Zeitung vom 21.05.2019: Jeder Mensch hat Stärken
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Hier finden Sie die Präsentationen zum Herunterladen:
Grußwort der LAG Werkstatträte Bayern
Elisabeth Kienel und Bianca Hanselmann
Entwicklung der Beruflichen Bildung von Werkstattbeschäftigten
Dr. Jochen Walter, BAG WfbM
Berufliche Bildung und harmonisierte Bildungsrahmenpläne –
Praxisbeispiele aus Bayern
Dieter Körber, Mainfränkische Werkstätten GmbH
Anforderungen der IHK an die Berufliche Bildung von Werkstattbeschäftigten
Christian Munz und Stefan Heigl, IHK Schwaben
Umsetzung der Anforderungen der IHK in Form des Fachpraktikers
Katja Schweinberger und Evelyn Reffler, Unterallgäuer Werkstätten GmbH